Spirituelle Reinigung

Spirituelle Reinigung

Die Pilgerstädte am nordindischen Fluss Ganges sind ein begehrtes Reiseziel für gläubige Hindus aus dem ganzen Land, die vor allem für das rituelle Bad anreisen. Als ich in Varanasi den Ganges per Boot erkundete, war das Ufer dicht bevölkert mit sich waschenden Menschen, von denen jeder sein ganz individuelles Ritual auszuführen schien. An einer Stelle beobachtete ich einen Mann, der mit minzgrünem Hüfttuch bekleidet am Flussufer hockte, seine Augen schloss und dann langsam aus einer goldenen Kanne das heilige Wasser über seinen Körper goss. Spirituelle Reinigung nennen es die Leute, sagte mir der Bootsführer, während mir der faule Geruch des Wassers in der Nase stand. Wie konnte man so etwas als Reinigung empfinden, wo das Wasser doch recht dreckig sei, fragte ich ihn. Da erfuhr ich von dem Mann, dass die Menschen durch den Kontakt mit dem Wasser die Unsterblichkeit erlangen, von Krankheiten geheilt werden sowie auf eine bessere Wiedergeburt hoffen können. Ich schätze, das reicht als Rechtfertigung allemal aus.

Varanasi (Indien), April 2014